Heidenau, Heß, Hass und Hetze – Facebook als Plattform der Gruppe Freital
Zunächst wurde die Befragung eines Zeugen fortgesetzt, dessen Vernehmung am 31.07.2017 abgebrochen werden musste, weil er – offensichtlich unter dem Druck der Befragung – ambulant behandelt werden musste. Der Zeuge hatte in der Nacht vom 18. auf den 19.10.2015 den Angriff auf das Wohnprojekt Overbeckstraße 26 von einer Nachbarwohnung aus beobachtet und die Polizei benachrichtigt. Der Zeuge war erneut offensichtlich nicht bereit, sein Wissen mitzuteilen. Er hatte beispielsweise gegenüber der Polizei relativ detaillierte Angaben zu den Wohnverhältnissen in dem Hausprojekt gemacht, an die er sich nun nicht mehr erinnern wollte. Interessant war dieser Zeuge, weil er angab, einige Male an den rassistischen Versammlungen des sogenannten Protestcamps teilgenommen zu haben. Es liegt der Verdacht nahe, dass er dort seine Informationen über das Hausprojekt erhalten hatte, denn er selbst wohnte zu diesem Zeitpunkt gar nicht in Dresden, sondern war nur alle zwei Wochen zu Besuch bei seiner „Bekannten“. Insbesondere ist daher zu vermuten, dass der Zeuge einige der Angreifer erkannt hat oder im Voraus Kenntnis von dem Angriff hatte. Letztlich konnte der Zeuge seine Schweigestrategie unter Vorgabe von Erinnerungslücken durchhalten und wurde entlassen.
Nach der Mittagspause berichtete ein Beamter des Bundeskriminalamtes von den dort durchgeführten Ermittlungen zu den Internetaktivitäten der Angeklagten.
Der Zeuge berichtete, dass seine Abteilung im Internet, vor allem in sozialen Netzwerken, nach Profilen der Angeklagten gesucht hat. Dabei konnten für alle Angeklagten Aktivitäten unter Klarnamen und Pseudonymen in sozialen Netzwerken gefunden werden. Einige der Angeklagten hatten bei ihren Aktivitäten kaum rassistische und neonazistische Bezüge, andere eindeutige und offene.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass natürlich das bloße Bestehen eines Profils in sozialen Netzwerken noch keinen Beweis dafür liefert, dass dieses Profil auch von der dort bezeichneten Person stammt. Allerdings lassen bestimmte Querverbindungen und Verknüpfungen mit eindeutig zuordbaren Angaben Rückschlüsse auf die Identität des Benutzers zu. Ausserdem liegen zahlreiche Beweise aus den sichergestellten Telefonen und Computern der Angeklagten vor, die weitere Rückschlüsse erlauben. Leider wurden diese Computer bislang nicht in ausreichendem Maße auf solche Beweise durchsucht.
Aufschlussreich waren die Ermittlungen des Zeugen zu den Internetseiten „Bürgerwehr Freital/360“ und „Widerstand Freital“. Diese Seiten, z.T. mit deutlich über 2.000 Followern, können nach den Ermittlungen als Publikationsorgane der Gruppe Freital verstanden werden. Der Zeuge gab an, die Seiten richteten sich gegen Flüchtlinge, die Presse, das „System“. Zahlreiche Kommentare stammten von den Profilen, die der Zeuge zuvor einzelnen Angeklagten zugeordnet hatte.
Der oder die Moderatoren der Seiten veröffentlichten Meldungen, zum Teil mit Tatortbildern, zu den Anschlägen der Gruppe. Dabei agierten die Moderatoren zum Teil offen sympathisierend und die Gewalt verharmlosend. In Einzelfällen wurde den Tätern sogar noch gedankt oder sie als „Helden unserer Stadt“ bezeichnet. Teilweise wurde die Verantwortlichkeit auch abgestritten und behauptet, beispielsweise die Angriffe auf den Freitaler Die Linke-Politiker, seien von diesem selbst durchgeführt, die Sprengung seines PKW sei ein Versicherungsbetrug. Daneben fanden sich auf mehreren Profilen und den Seiten Bezüge zu rechten Bands, Gedenkpostings zum Todestag von Rudolf Heß, Hasstiraden auf Geflüchtete und Linke und Befürwortungen von rechten Aufmärschen und Straftaten wie z.B. bei den Ausschreitungen in Heidenau.
Die Ermittlungen hätten ergeben, dass mit großer Wahrscheinlichkeit der Angeklagte Wendlin die Seiten erstellt hat und daher vermutlich auch einer der Moderatoren war. Die letzte Meldung der Moderatoren erfolgte am Tag vor der Festnahme von Wendlin und Schulz.