03.05.2017

„Scheissegal, die werden auch erwachsen“

Heute wurden erneut zwei Polizeibeamte vernommen, die an Vernehmungen von zwei Angeklagten beteiligt waren. Beide Angeklagte schweigen vor Gericht, so dass ihre Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren auf diese Weise eingeführt werden müssen.

Der erste Polizeibeamte war bereits am 28. März vernommen worden, seine Vernehmung musste allerdings wegen Krankheit des Angeklagten Justin S. abgebrochen werden. Er hatte an der Vernehmung des Angeklagten Sebastian Weiß teilgenommen. Seine Schilderung der Aussage des Angeklagten machte deutlich, dass sich die Freitaler Gruppe nicht nur zur Durchführung von Anschlägen zusammengefunden hatte. Man hatte auch Mitglieder als Ansprechpartner für das Übigauer „Protestcamp“ abgestellt, wo gegen die geplante Unterbringung von Geflüchteten protestiert wurde. Die Gruppe hatte sich anscheinend bereiterklärt, als Eingreiftruppe der handfesten Art gegen antifaschistische Proteste auszuhelfen. Für diese Aktivitäten sei extra ein eigener Chat, der „Bürgerwehr-Chat“ eingerichtet worden. Es wird offensichtlich, dass die Gruppe und ihre Mitglieder nicht, wie teilweise vorgetragen, durch die rassistischen Anti-Flüchtlingsaktivitäten radikalisiert wurde, sondern im Gegenteil als radikalisierende Einsatztruppe in diese Aktivitäten hineinwirkte und damit dafür sorgte, dass die Proteste ohne vermeintliche Störungen von Geflüchteten-UnterstützerInnen und AntifaschistInnen ablaufen konnten Damit hat die Gruppe die rassistischen Proteste und Blockaden maßgeblich auch in der Region unterstützt.

Seine Beteiligung an den Anschlägen gegen das Wohnprojekt Overbeckstraße und die Geflüchteten in der Wilsdruffer Straße hatte er zugegeben. Als Motiv für seine Aktivitäten gab er an, man habe etwas gegen „Ausländer“ machen wollen.

Weiß schilderte in seiner Vernehmung auch den Verschlüsselten Chat, an dem der Kern der Gruppe, insgesamt 16 Personen, beteiligt waren. Mit Nicknames wie „Adolf Hitler“, „Kegelfrau“, „Nacken“ oder schlicht mit Vornamen beteiligten sich die Mitglieder an den Diskussionen.

Der zweite Beamte hatte den Angeklagten Rico Knobloch vernommen. Dieser habe angegeben, er habe Zeit mit der Freien Kameradschaft Dresden (FKD) verbracht, insgesamt wurde allerdings deutlich, dass er Mitglied war. Dies war bereits aus anderen Aussagen bekannt. Knobloch hatte die Struktur und die Mitglieder der FKD gegenüber den Vernehmungsbeamten geschildert.

Knobloch berichtete auch über den Überfall auf das Wohnprojekt, die klare Arbeitsteilung und Planung und die Zusammenarbeit der Freitaler Gruppe mit der FKD. Er bestätigte auch die Angabe des Angeklagten Justin S., dass die Planung vorgesehen hatte, mit einem Baseballschläger die Fenster im Erdgeschoss einzuschlagen und die Sprengkörper direkt in de Zimmer zu werfen. Die Angeklagte Kleinert habe einen solchen Baseballschläger mitgebracht. Damit kann die Verteidigung das Bild der randständigen Zuschauerin in Bezug auf die Angeklagte Kleinert nicht mehr aufrechterhalten.

Bezüglich der Gefährlichkeit dieses geplanten Vorgehens schilderte er einen bezeichnenden Wortwechsel. Bei dem Angriff habe er ein Kind im Haus gesehen. Er habe daher die Aktion abblasen wollen. Als Reaktion sei ihm nur gesagt worden “Scheißegal die werden auch erwachsen”.

Trotz dieser geäußerten Bedenken sei Knobloch mit der Dresdner Gruppe zur Vorderseite des Hauses gegangen und habe sich am Bewurf des Hauses beteiligt. Dabei habe er aber absprachewidrig keine Steine sondern nur einen Böller geworfen. Danach sei er nach Hause gegangen.

Der Prozess wird am Freitag, 05.05.2017, 9.30 Uhr fortgesetzt.

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