21.01.2022 Weiteres Urteil gegen Mitglieder und eine Unterstützerin der “Gruppe Freital” rechtskräftig

Nr. 008/2022

Beschluss vom 12. Januar 2022 – 3 StR 273/21

Der Bundesgerichtshof hat über die Revision eines Angehörigen der “Gruppe Freital” gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden entschieden. Mit Beschluss vom 16. Mai 2019 hatte er bereits die Verurteilung zweier Rädelsführer und anderer Mitglieder dieser terroristischen Vereinigung bestätigt (s. Pressemitteilung Nr. 75/2019).

Vor etwa einem Jah, am 4. Februar 2021, hat das OLG Dresden nach fünfmonatiger Hauptverhandlung drei Männer wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und weiterer Delikte zu Gesamtfreiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, eine Frau wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

Einer der Angeklagten, den das Oberlandesgericht – unter Freispruch im Übrigen – der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und der Sachbeschädigung schuldig gesprochen und mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren belegt hat, hat gegen seine Verurteilung Revision eingelegt. Der BGH hat das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel verworfen.

Der zur Tatzeit 48-jährige Angeklagte war zum damaligen Zeitpunkt nicht nur Mitglied der “Gruppe Freital” sondern auch Freitaler Stadtrat für die NPD. Das OLG Dresden hatte aus diesem Grunde seine Mitgliedschaft in der “Gruppe Freital” als wertvoll für diese beurteilt.

Vorinstanz:

OLG Dresden – 4 St 1/20 – Urteil vom 4. Februar 2021

05.06.2019 Urteil des OLG Dresden rechtskräftig

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

Nr. 75/2019

Beschluss vom 16. Mai 2019 – 3 StR 575/18

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden verworfen, durch das zwei der Angeklagten wegen Rädelsführerschaft und die übrigen jeweils wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind.

Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts waren die Angeklagten Rädelsführer bzw. Mitglieder der terroristischen Vereinigung “Gruppe Freital”, die sich spätestens Mitte Juli 2015 in Freital gegründet hatte und deren Ziel es war, die rechtsextremistische Gesinnung ihrer Mitglieder durch die Begehung von Sprengstoffanschlägen gemeinsam durchzusetzen. Die Angeklagten planten und begingen die Anschläge, indem sie pyrotechnische Sprengkörper gegen Asylbewerberunterkünfte und gegen Eigentum und Besitz von Vertretern des politisch linken Spektrums einsetzten. Sie verfolgten das Ziel, ein Klima der Angst und der Repression zu erzeugen. Asylbewerber sollten durch die Taten zur Ausreise veranlasst werden. Bei einem der Angriffe auf eine Asylbewerberunterkunft nahmen sie, heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen handelnd, den Tod der Bewohner billigend in Kauf, wozu es indes nicht kam. Wegen dieser Tat sind die tatbeteiligten Angeklagten deshalb auch wegen versuchten Mordes bzw. Beihilfe dazu verurteilt worden.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die auf die jeweils erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts sowie auf Verfahrensbeanstandungen gestützten Revisionen der Angeklagten verworfen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Vorinstanz:

Oberlandesgericht Dresden – Urteil vom 7. März 2018 – 4 St 1/16

Karlsruhe, den 5. Juni 2019

04.03.2018

Prozess um die “Gruppe Freital” – Einladung zur Pressekonferenz anlässlich der Urteilsverkündung am 07.03.2018

Der Prozess um die sog. “Gruppe Freital” Endet, nach genau einem Jahr Verhandlung, am 07.03.2018 um 14 Uhr, mit der Urteilsverkündung vor dem Oberlandesgericht Dresden.

Vor einem Jahr startete am Oberlandesgericht in Dresden der Prozess gegen die sogenannte Gruppe Freital. Im Laufe des einjährigen andauernden Prozesses fanden 73 Verhandlungstage statt in dem an die 100 Zeug*innen gehört wurden. Darunter Betroffene, Anwohner*innen der Anschlagsziele, Kolleg*innen der Angeklagten, auch Zeug*innen aus dem politischen und persönlichen Umfeld der Angeklagten, Polizeibeamt*innen und Ärzt*innen, sowie Gordian Meyer-Plath, Präsident des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz und Oberstaatsanwalt Dr. Christian Richter. In dem eigens für den Prozess umgebauten Gebäude soll den acht Angeklagten (sieben Männer und eine Frau) nachgewiesen werden, dass sie als rechtsterroristische Organisation versucht haben, Geflüchtete mittels Sprengstoffanschlägen gezielt zu ermorden und durch weitere Sprengstoffanschläge und Angriffe auf Geflüchtete, deren Unterstützer_Innen und Andersdenkende in Freital und Umgebung ein Klima der Angst schufen, um ihre erklärten Gegner_Innen einzuschüchtern und zu vertreiben. Die Taten sind geprägt von einer Ideologie der Ungleichwertigkeit und Ausdruck einer rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung.

Anlässlich der Urteilsverkündung möchten wir Sie/Euch zur Pressekonferenz einladen. Vertreter_Innen der Nebenklage und der RAA Sachsen geben ihre Eindrücke zu dem Urteil und setzten es in den juristischen Kontext. Wir werden auch über die Lage der Betroffenen berichten.

Die Pressekonferenz findet eine Stunde nach Beendigung der Urteilsverkündung in den Räumen des RAA Sachsen e.V., Bautzner Straße 45 (3. OG, Links) in Dresden statt. Für ein kleinen Imbiss wird gesorgt.

RAA-Sachsen
RA Alexander Hoffmann
RAin Kristin Pietrzyk

27.02.2018

Replik auf die Verteidigungs-Plädoyers und letzte Worte der Angeklagten

Für den heutigen Verhandlungstag waren lediglich die angekündigten Repliken der Nebenklage Wilsdruffer Straße und des Bundesanwalts auf die Verteidigungsplädoyers sowie die letzten Worte der Angeklagten vorgesehen.

Die Nebenklage Wilsdruffer Straße machte deutlich, dass sich ihre Replik lediglich darauf beschränkt einzelne Argumente aus den Plädoyers zu widerlegen, die sich aus der Beweisaufnahme nicht aufgedrängt haben.

Zum einen wurde nochmals auf die Bedrohung des Gerichts durch Rechtsanwalt Kohlmann eingegangen. Kohlmann habe versucht, die Ziele der terroristischen Vereinigung, die die Angeklagten gebildet haben, in der Hauptverhandlung fortzusetzen, nämlich den politischen Gegner einzuschüchtern, zu bedrohen und zum Rückzug zu zwingen. Continue reading “27.02.2018”

06.02.2018

Letzte Plädoyers der Verteidigung: Wir haben uns von den Vorgängen nicht bedroht gefühlt.

Am heutigen Verhandlungstag erfolgten die Plädoyers der letzten beiden Angeklagten Weiß und Knobloch. Die Argumentationen der vier Verteidiger spiegelten im Wesentlichen wieder, was bereits in den vorangegangenen Verteidigerplädoyers vorgebracht wurde, und was sich vereinfacht als „Leugnen und Verharmlosen“ zusammenfassen lassen kann. Die Gemeinsamkeiten sollen im heutigen Blog nochmals kurz dargestellt werden.

 Ganz individuell beantragte die Verteidigung Weiß, für diesen eine Haftstrafe von höchstens drei Jahren.

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31.01.2018

Plädoyers der Verteidigung Justin S. und Kleinert

Zunächst plädierte heute die Verteidigung Justin S., bei dem die Besonderheit vorliegt, dass er zum Tatzeitpunkt noch Heranwachsender war und für den deshalb Jugendstrafrecht anzuwenden sein wird.

Justin S. Verteidiger, Rechtsanwalt Renz, beschrieb seinen Mandanten als jungen Mann, der die Enge seiner heilen Familie verlassen will und in der ihn anziehenden „Männerwelt“ auf die übrigen, deutlich älteren, Mitglieder der Gruppe Freital trifft und von diesen Anerkennung erhalten will. In dieser Situation hätte er sich die politischen Parolen und Sichtweisen zu eigen gemacht und mit der Teilnahme an den Straftaten, für die er jetzt angeklagt ist, Anerkennung gewinnen wollen. Continue reading “31.01.2018”

30.01.2018

Weitere Plädoyers der Verteidigung: Zwischen Bedrohung des Gerichts und nachdenklicher Prüfung

Am heutigen Tage plädierten die Verteidiger der Angeklagten Seidel und Wendlin. Die Plädoyers lagen insgesamt sehr weit auseinander. Der erste Verteidiger Seidels, RA Franek, versuchte sehr nachdenklich und ruhig das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung zu bestreiten. Er begann zunächst mit einer Definition des Begriffs Terrorismus als „systematische Verbreitung von Schrecken zur Herbeiführung politischer Ziele“. Dabei wurde nicht wirklich deutlich, warum die systematische Verfolgung von Geflüchteten und politischen Gegnern, wie sie von der Gruppe Freital betrieben wurde, diese Definition nicht erfüllen soll. Continue reading “30.01.2018”

24.01.2018

Plädoyers der Verteidigung Schulz und Festing – Leugnen und schimpfen

Nach Bundesanwalt und Nebenklage hatten am heutigen Verhandlungstag zunächst die Verteidiger der beiden als Rädelsführer angeklagten Schulz und Festing des Wort.

Die Verteidigung Schulz bestritt den Tötungsvorsatz ihres Mandanten für den Angriff auf die Geflüchteten in der Wilsdruffer Straße und den Vorwurf, der Zweck bzw. die Tätigkeit der Vereinigung sei auf die Tötung von Menschen gerichtet gewesen. Sie greifen damit sowohl die Anklage wegen versuchten Mordes als auch wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung an. An dem Anschlag Wilsdruffer Straße sei Schulz auch nicht als Täter beteiligt gewesen sondern habe nur Beihilfe geleistet. Letztlich forderten sie allerdings immerhin die Verhängung einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Continue reading “24.01.2018”

23.01.2018

Plädoyer der Nebenklage Bahnhofstraße und Wilsdruffer Straße

Am heutigen Verhandlungstag hatten die Rechtsanwält_innen der Nebenkläger aus den Wohnungen Bahnhofstraße und Wilsdruffer Straße, alles Geflüchtete aus Eritrea und Syrien, Gelegenheit, ihre inhaltlich aufeinander abgestimmten Plädoyers zu halten.

Die Nebenklage Bahnhofstraße und Wilsdruffer Straße konzentrierte sich einerseits darauf, das Tatgeschehen und die gesellschaftliche Situation zum Tatzeitpunkt aus Sicht der Betroffenen zu schildern: die Lebenssituation, Vertreibung, Flucht, Aufnahme und das Leben der betroffenen Geflüchteten, aber auch die politische Situation, in der sich die Gruppe Freital, in der die Angeklagten sich organisierten und die gemeinsamen Straftaten begingen, zu analysieren. Continue reading “23.01.2018”

19.01.2018

Plädoyers der Nebenklage Overbeckstraße

Am heutigen Verhandlungstag ergriffen zwei Nebenklägerinnen und einer der Anwälte des Hausprojekts Overbeckstraße das Wort zu ihren Plädoyers.

Die erste Nebenklägerin beschrieb die Stimmung, die sich im Laufe der von den Angeklagten begangenen Anschläge seit Sommer 2015 in Freital entwickelte als „pogromartig“. Es sei kein Zufall, dass Pegida und ähnliche Gruppen sich in und um Dresden entwickelt hätten, denn die in Dresden herrschenden Bedingungen hätten ihnen einen idealen Nährboden geboten. Die Blockade, die die Gruppe Freital unterstützt habe, die Bürger in Freital und Dresden seien mitschuldig für den Anschlag auf die Overbeckstraße.

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